Blog #18 - Kambodscha

Kambodscha

Im Land der Roten Khmer / Khmer Rouge

Kambodscha ist ja hauptsächlich für die Roten Khmer und Pol Pot bekannt, also für mich zumindest. Als Reiseland hatte ich den kleinen asiatischen Staat mit seinen 16 Millionen Einwohnern nie auf dem Zettel. Jetzt sind wir doch hier gelandet und ich überlege, worüber wir hier erzählen könnten oder müssten?!

Wir könnten erzählen:

Zum Beispiel vom Grenzübertritt Vietnam-Kambodscha:

### Der Grenzübertritt von Vietnam nach Kambodscha, von dem wir so viel gehört hatten. Angeblich sollte man stundenlang aufgehalten werden und von griesgrämigen Beamten, um diverse Extradollars (in Kambodscha sind der US Dollar und der heimische Riel offizielle Währung – wer hätte das gewusst?) gebracht werden. So war es nicht, denn freundliche Grenzer sorgten für einen extrem schnellen Grenzübertritt. In meinem Pass wurde zwar ein falsches Datum eingetragen, dieses wurde jedoch rasch und mit einem Lächeln, sowie einer Entschuldigung geändert.###

Zum Beispiel von der kambodschanischen Gastfreundschaft:

### Die kambodschanische Emotionslosigkeit und Unfreundlichkeit, die uns in diversen Blogs und Reiseberichten prognostiziert wurde, sich dann aber ganz anders herausstellte. Wir haben die Kambodschaner als ein nettes und freundliches Volk kennen gelernt. Interessiert an unserer Reise und stolz darüber ihr Land zu präsentieren. Beispielhaft sind dafür zwei Obstgeschenke. Ein Hostel Wirt in Kampot stoppte unsere Fahrt mit den Motorrädern, weil er uns unbedingt und mit einem breiten Lächeln 2 Mangos Reiseproviant mit auf den Weg geben musste. Einfach so. Der Besitzer eines Eiskaffes, welches wohl nur von Kambodschanern und noch nie von Touristen besucht worden war drückte uns mit den Worten „ from my garden for you“ einige frisch gepflückte Bananen in die Hand. Zwei kleine,  Beispiele für die Freundlichkeit der symphatischen Menschen in Kambodscha.###

Zum Beispiel von der tollen kambodschanischen Musik:

###Die interessante kambodschanische Musik. So konnten wir unter anderem der Live Musik bei einer Hochzeit von unserem Hotelzimmer zu hören. Wirklich exzellent gespielt und toll gesungen gefiel uns die Musik wirklich gut und gab, ähnlich einer deutschen Top40 Band, einen tollen Querschnitt des hiesigen Sounds. Aber halt sehr gut. Indische und europäische Einflüsse, eine starke Melodieführung und die Khmer Sprache, die sich wirklich toll für Musik zu eignen scheint. Eigentlich immer, wenn wir diesen Sound gehört haben, hat es uns wirklich gut gefallen. Toll auch die Dokumentation zur kambodschanischen Musikgeschichte: Don`t think I`ve forgotten###

Zum Beispiel von der Umweltverschmutzung:

###Die allgegenwärtige Umweltverschmutzung würde auch Seiten füllen. Besonders der ländliche Bereich ist voll mit Müll. Plastik so weit das Auge reicht. Gestank, das es einem Übel wird. Das Land sieht dadurch oft hässlich aus. Es scheint die Menschen nicht zu interessieren. Kulturell hängt das wohl damit zusammen, dass man vor einigen Jahren kein Plastik, sondern Naturmaterialien verwendet hat. So wurden z.B. viele Gerichte im Bananenblatt serviert und das kann man natürlich nach dem Gebrauch in die Natur werfen. Eine Abfallwirtschaft scheint es auf dem Land nicht zu geben. Hier sieht man, was unsere moderne Zivilisation anrichtet. Erschreckend.###

Zum Beispiel von Sihanoukville:

###Unser Gefühl, dass Kambodscha sich an China verkauft ist auch eine Geschichte wert. Besonders auffällig ist das in einem Ort an der Küste. Sihanoukville. Das größte Drecksnest, was wir jemals gesehen haben. Hier haben die Chinesen aus einer Kleinstadt eine monstermässige Baustelle gemacht. Es sollen 300 Casinos entstehen. Das Las Vegas Asiens. Es sieht alles nur ätzend, vermüllt, dreckig und stinkend aus. Der schrecklichste Platz auf Erden, den wir jemals gesehen haben. Alle alten Strukturen und tollen Strände komplett zerstört. Der Las Vegas Traum ist allerdings schon geplatzt, denn es wurden illegale Online Casinos in den fertig gestellten Casinos betrieben und das ist verboten. Es kam zu Verhaftungen und von heute auf morgen verabschiedeten sich einige 100.000 Chinesen aus Sihanoukville. Wir hatten den Eindruck, dass wir die größte Bauruine der Welt gesehen haben. Mal sehen, eventuell wird der Ort ja doch noch fertig gestellt. So wie hier sieht man im ganzen Land chinesische Bauwerke, Firmen und Unternehmungen. Schilder mit chinesischen Schriftzeichen bieten Grundstücke zum Verkauf an. Es wirkt als wolle sich Kambodscha komplett verkaufen.###

Zum Beispiel von unserem Versuch Urlaub zu machen:

###Eine dufte Geschichte könnten wir auch über den von uns geplanten Urlaub auf der kambodschanischen Insel Koh Rong Sanloem erzählen. An einem schönen, ruhigen Strand und kristallklarem Wasser sind wir dort einige Tage schwimmen gegangen und konnten uns am Strand erholen. Tolles Wetter, billiges Bier und schöne Sonnenuntergänge unterstrichen das Urlaubsfeeling. Dies war leider nur die schöne Seite der Urlaubsmedaille. Denn sämtliche Unterkünfte werden von auf Sanloem hängen gebliebenen Hippies geführt. Engländer, Australier. In der Hauptsache eine Kifferparadies. So war auch unsere erste Unterkunft in einer prima Haschbude, wo sich die gesamte Drogenprominenz der Insel traf. Ab 9:00 Uhr morgens wanderte der Joint durch gierige Hände und die eine oder andere Pilsette wurde gefrühstückt. Der wirklich nette Inhaber des Hostels reichte uns mit einer qualmenden und stinkenden Tüte unser Frühstück. Irgendwas von Kellogs oder so. Gefiel uns nicht so, weil nicht unser Ding und so wanderten wir ins beliebteste Hostel der Insel – das „Bong-s“. Wesentlich liebevoller als die letzte Unterkunft eingerichtet hofften wir auf Erholung. Weit gefehlt, auf der chilligen Erholungsinsel ging es hier um s Bier saufen und Gröhlen. Halt so n Engländerding. Fuck you! Glücklicherweise war um Mitternacht Schluss. Konnten wir schlafen? Nein! Ein Ratte peste erst durch unser Zimmer, wurde vertrieben und machte Platz für ein süßes Mäuschen, dass unsere Vorräte anknabberte. Als wir das Vieh endlich entdeckten war dir Nacht fast vorbei. Insgesamt war es auch nicht besonders sauber im Bong-s und so wechselten wir die Lokalität zum dritten Mal. Endlich ein tolles Häuschen vom Einheimischen gemietet. Das war auch teilweise schön. Also etwas. Kurz nach dem Bezug entdeckten wir eine handgroße Spinne. Wußte gar nicht, dass es die in so riesig gibt. Letztendlich konnte ich sie, vermutlich unter Einsatz meines Lebens, fangen und nach draußen befördern. Endlich schlafen!? Nein! Mitte in der Nacht wurde Uta auf einen Skalapendus, einen hochgiftigen und riesigen 21 Paar Füßler aufmerksam. Ein Biss und es wird unangenehm, mit Lähmungen, Schmerz und Pipapo. Das Teil war ein Riese und wir waren wach. Ok, also keine Erholung auf der Insel. Weiter geht s und schnell noch einen Pancake zum Frühstück. Dieser wurde von Uta durch massives Erbrechen und bei mir, ach egal. Resumee; Don t go there!###

Zum Beispiel von Phnom Penh

###Seiten könnten wir z.B. auch mit Erlebnissen aus Phnom Penh füllen, wo wir im neunten Stock eines Hotels dann doch noch etwas Urlaub machen konnten und von der ruhigen und schönen Art der Hauptstadt begeistert waren. Tief beindruckt waren wir ebenfalls vom S21, dem Foltergefängnis der Roten Khmer und den Killing Fields vor den Toren der Stadt, wo tausende Menschen ums Leben kamen und immer noch Knochen bei Regen aus den Massengräbern gespült werden. Tragisch und Traurig.
Unvergesslich war allerdings auch eine Szenerie, die sich in einer italienisch/kambodschanischen Trattoria abspielte. Zuerst verstanden wir gar nicht was los war, denn die Kellnerin rief etwas bei unserem Eintreffen und die ca. 10 Mitarbeiter, Kellner, Barleute und Köche brüllten etwas zurück. Irgendwann verstanden wir worum es ging. Die Kellnerin rief: "Customer arrives" (Kunde kommt an) und alle Mitarbeiter riefen sonor und inbrüstig: "Welcome customer!"
Wer kommt bitteschön auf so geile Ideen!? Die Pizza war übrigens auch sehr lecker!

Zum Beispiel von den Tempelanlagen bei Siem Reap:

###Gerne würde ich auch von Angkor Wat und den ganzen Tempeln dort erzählen. Einfach toll und überragend. Wahnsinn, welchen Größe das Teil hat. Indiana Jones und Lara Croft scheinen hinter jeden Ecke auf einen zu warten. Neben den Haupt-Touri-Attraktionen gibt es jede Menge zu entdecken, wo man fast alleine ist. Ein absolutes Highlight der Reise - Da gibt es noch eine Extra Fotoseite ###

Zum Beispiel von der traurigen Landschaft im Norden:

###Absolut krass war auch die ca. 250km lange Fahrt an der laotischen Grenze entlang. Alle Bäume abgehackt, Brandrodung, Häuser ohne Türen und Fenster, extrem arme Menschen, die von der Hand in den Mund leben müssen. Das rote Kreuz baut hier scheinbar handbetriebene Brunnen, damit es Wasser gibt und Menschen müssen von wohltätigen Organisationen unterstützt werden, um Hunger und Bildungsnotstand einzudämmen. Armut live – erschreckend und traurig. Es gibt natürlich auch ein paar Gewinner, die sich die Taschen mit den Erträgen der illegalen Holzwirtschaft vollstopfen...Es geht uns wirklich gut in Europa! ###

Zum Beispiel von der traurigen Geschichte Kambodschas

Millionen Tote durch die Herrschaft der Roten Khmer - Dokumentiert im Gefängnis S21 in Phnom Penh und den Massengräbern der Killing Fields

Aber berichten möchten wir über:

Tja, über all das könntenwir berichten, habe uns aber etwas anderes herausgesucht. Nach knapp 7 Monaten sind unsere Köpfe voll. Visueller und gedanklicher Overload. Den anders als mit 20 Jahren, beginnt man hier direkt alles zu reflektieren. Die schönen, einmaligen Dinge, Erlebnisse und Begnungen, aber auch die unglaubliche Armut, die es auf großen Teilen der Welt gibt und die wir auf allen Kontinenten beobachtet haben.

Diese ganzen Impressionen strengen an, eine Pause gibt es nicht. Selbst wenn man das möchte passieren jeden Tag neue Dinge, die den Gedanken- und Gefühlsprozess in Gang setzen. Puh!

 

Also machen wir etwas gaaaaaanz anderes und besuchen beim französischen, vegetarischen Koch Nicolas einen Kochkurs. Zum runter kommen, für den Spaß und natürlich weil wir wissen möchten wie man den ganzen leckeren Kram aus seiner Küche zubereitet. Einige Tage vorher waren wir bei Nicolas und seiner taiwanesischen Frau Lucy essen. In einer wirklich schönen gepflegten Atmosphäre, mit eigenem Kräutergarten und Upcycling Objekten probierten wir Nicloas Gerichte. Die waren toll und anders, als die vegetarische Küche die wir bis dahin kannten. Das raffinierte Zusammenspiel verschiedener Zutaten ließ uns staunen. War echt lecker. Mehr oder weniger per Zufall erfuhren wir, dass Nicolas auch Kochkurse anbietet. Klasse, das war eine gute Möglichkeit endlich einmal etwas vernünftiges zu lernen. Für € 25,00 pro Person ging es los. Da Nicolas seine Kochkurse nicht bewirbt hatten wir Glück und konnten mit ihm (und seiner Tochter und Frau) alleine kochen. Hardcoremässig ging es um 9:30 Uhr morgens los. Nicolas empfing uns in seiner weißen Kochjacke mit französischer Fahne. Bonjour. Er hatte schon viele Zutaten vorbereitet und sich überlegt, welche Gerichte wir von seiner Speisekarte kochen könnten. Das sah toll aus, das ganze frische Zeuge: Limette, Galgant, Knoblauch, Schalotten, Aubergine, geröstete Zwiebeln, Erdnuskerne, Basilikum und, und, und. Klasse, frisch und lecker.

Nicolas erklärte uns nun von Grund auf wie er etwas zubereitet und warum er das so tut. Wir fanden es richtig gut und lehrreich, denn hier ging es nicht um das blosse Zusammenmixen von Zutaten, sondern darum die Technik, seine Technik – das Handwerk zu erlernen. So schnibbelten und mixten und rührten und bruzzelten, bis eine Currypaste, ein Curry, ein grüner Mangosalat und eine Art Sagonachspreise fertig waren. Der Tisch wurde chic gedeckt und wir konnten unsere Spezialitäten probieren. Lecker. Noch besser ist es natürlich, dass wir jetzt wissen wie wir ein Curry machen – vielleicht kommt der eine oder andere  von euch in den Genuss davon (um Voranmeldung wird gebeten). Gezeigt hat uns das allerdings auch, dass wir uns mittlerweile schon wieder richtig auf die eigene Küche und selbst gekochte Gerichte freuen. Zum Abschluss kochten wir mit der Tochter noch ein paar Schlammkuchen und guckten uns den hauseigegenen Kräutergarten an. Ein wirklich schöner, lehrreicher und entspannender Tag ging im Chamakar House zu Ende. Ja, auch das ist Kambodscha für uns.


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