Blog #13 - Chile - Feliz18

Chile Feliz 18 - San Pedro de Atacama

Feliz 18 - Der Nationalfeiertag

Mittwoch, der 18.08.2019, Fiestas Patrias, Feliz 18 oder einfach nur DER TAG. Heute feiern die Chilenen ihren Nationalfeiertag und das bedeutet, dass sie schon seit Wochen am durchdrehen sind. Autos werden geschmückt, Kinder in tolle Kostüme gesteckt, Strassen und Häuser mit Fahnen dekoriert. Alles in den Farben Chiles: Rot, Blau, Weiß.

 

Heute ist es nun endlich so weit und wir sind mittendrin. In San Pedro de Atacama, dem Touri-Wüstenstädtchen in der Atacamawüste. Leicht verkatert, weil mir die 3 Bier von gestern Abend, in 2.500m Metern Höhe nicht sonderlich gut bekommen sind, schreibe ich diesen Blog am nächsten Morgen. Der Tag gestern hat uns viel über Südamerika gezeigt – und das kam so:


Nahe unseres Hostels, dass etwas ausserhalb des Zentrums von San Pedro liegt, stehen diverse Wohnhäuser die beispielhaft für Südamerika sind. Nicht besonders gross und aus diversen Materialien, wie Stein, Holz, Draht und Glas, sowie Wellblech zusammen gezimmert, trafen diese Wohnräume eher unsere Vorstellungen von Afrika, die durch Fernsehnachrichten und Reportagen geprägt sind. Ich machte ein paar Fotos von diesen Buden, um unseren Freunden und Bekannten zeigen zu können, wie man in Südamerika lebt. Das bemerkenswerte an diesen Häusern, die man auch in brasilianischen Favelas vermuten könnte ist ja, dass sie eher mit deutschen Märchensiedlungen für wohlhabende Juppyfamilien zu vergleichen sind und eben nicht die Unterkunft für die ärmsten der Armen darstellen. Südamerika ist arm und wenn man dann noch bedenkt, dass das Preisniveau gerade in Chile ähnlich dem in Deutschland ist, weiss man gar nicht wie das funktionieren kann.

Rüdiger

Einige Stunden nach dem ich die Fotos gemacht hatte, wollte ich mit Uta nochmal in den Ort gehen und wir kamen an dem fotografierten Haus vorbei. Davor standen ein paar Männer und hatten Spaß mit einer Fallschirmspringerfigur, die man in die Luft werfen kann und so zum Fliegen bewegt. Wenn man es kann! Der Typ schmiss nun sein Fallschirmspringer völlig falsch in die Luft – so konnte das nicht s werden! Da musste schon jemand kommen, der in Deutschland eine gute Grundausbildung mit diesem Spielzeug genossen hat. Ich näherte mich dem feier- und spielfreudigen Chilenen mit den Worten: "Äh, Senor... " der antworte mit: "Guten Tag!" Waaaaaaas? Das war das erste Mal, dass wir einen Chilenen trafen, der Deutsch sprechen konnte. „Hallo ich bin Rüdiger und habe 3 Jahre in Deutschland gewohnt. Meine Tochter ist noch da. Klara. Kaiserslautern und Ulm und um Ulm herum. Hähähä..."
Jetzt wollte ich aber den dusseligen Fallschirmspringer fliegen lassen, aber in diesem Moment war der Wind verschwunden und mein Versuch endete im allgemeinen Gelächter. Typisch deutsch.

 

Nun sollten wir in den Genuß der vielbeschriebenen chilenischen Gastfreundschaft kommen. „Wir feiern Feliz 18, kommt feiert mit uns“ . Ein älterer Herr begrüßte uns hoch erfreut mit einer ausgehöhlten Melone in der sich eine leckere Bowle befand. Muy rico – sehr lecker. Der Herr freute sich über unseren Besuch und fragte nach unserer Route. Alles sei OK, allerdings nicht Argentinien. Das und besonders deren Bewohner sollten wir dringlichst meiden. Die seien schrecklich, furchtbar, unerträglich. Wir vermieden es zu erzählen, dass wir Argentinien als wunderbares Land und deren Bewohner als sehr nette, offene Menschen kennen gelernt hatten.
„Was trinkt ihr, Wein?“ - Nein, lieber Bier! Rüdiger fragte mich daraufhin, ob er Uta auch ein Bier mit Alkohol geben dürfe. Das fand ich gut, so soll es sein. Ich hatte meinen großzügigen Tag und gestatte Uta ein alkohaltiges "Stella Artois". Diese Tradition werde ich nach Deutschland exportieren.


Rüdiger, der inzwischen schon so um die zwei Promille intus hatte setzte nun zum Tanz mit seiner Gattin an. Beide umgarnten sich, ein weißes Tuch schwingend und führten einen lustigen Balztanz auf. Alle anderen Gäste klatschten begeistert mit und man merkten den Beiden an, das sie wahrscheinlich immer noch sehr verliebt, aber zumindest sehr betrunken waren.

Der Nationalist

Wenn auch angeheitert, so erzählten uns Rüdiger und seine Frau, die in San Pedro als Lehrerin arbeitet, noch viel interessantes über ihr Land. Rüdiger hatte eine Scheibe in seinen provisorischen Wintergarten gesetzt, dass er immer auf seinen geliebten Vulkan blicken könne. Die Wüste und die Natur hier sind sein Ding. Verständlich. Er erzählte uns auch, dass es im vergangenen Jahr sintflutartige Regenfälle, mit Überschwemmungen gab, die sein komplettes Haus zerstört hatten. Das Haus war von innen liebevoll gestaltet und sauber. Ja, auch ein Bücherregal gab es, ein upgecyceltes Regal für Kräuter und Gewürze. Halt alles gemütlich und familientauglich. Ein Heim, ein Zuhause. Hätte man so von aussen nicht erwartet. Wieder etwas gelernt!

 

Jetzt erklärte uns Rüdiger, was es mit dem Feliz 18 auf sich hätte. Die Spanier seien aus dem Land gejagt worden, man hätte sich von ihnen befreit. Auf die Frage , ob er nach Deutschland zurückkehren wolle antwortete Rüdiger, dass Chile seine Heimat sei -was ja ok ist – aber als er dann ergänzte er sei Patriot, bzw, Nationalist und sich dabei mit zitternder Hand auf die Brust schlug, war uns das doch etwas zuviel. Nationalisten sind eigentlich nie gut für die Welt. Dem schickte er allerdings noch ein versöhnliches: "Deutschland, Deutschland über alles" hinterher und wir fragten uns , was für einen Umgang unser Rüdiger in Deutschland wohl gehabt haben muss...
Zeit zu gehen – Trotz dieses kleinen Ausbruchs möchten wir uns für diesen Einblick in eine chilenische Familie bedanken, hat sie uns doch wieder gezeigt, dass weder Reichtum noch materieller Wohlstand Indizien für Glück sind.

Reiterspiele anläßlich des Nationalfeiertags - San Pedro de Atacama
Reiterspiele anläßlich des Nationalfeiertags

Das Fest

Der Abend hatte auch noch einige kleine Higlights auf Lager. Wir gingen auf das Stadtfest, dass mit einer riesigen Bühne, Essensständen und Buden mit "Juegos tradicionales" (traditionelle Spiele) aufwarten konnten. Wir waren sehr schlau und als Sparfüchse kaufen wir uns zwei Eintrittskarten im Vorverkauf. Sauber, 6.000 Pesos (8 Euro) gespart. Auf dem Fest wollte keiner die Eintrittskarten sehen und später stellte sich heraus, dass die Karten nur für den abgegrenzten Bereich der Kinderdisko waren. Geilo. Wieder etwas gelernt. Vor dem Kartenkauf fragen, wofür die Karten sind. Irgendwie auch tourilustig, oder!?

Jetzt gab es erstmal leckere Fleichspiesse und Empanadas für uns. Wir bummelten über das Fest und uns fiel die nette, friedliche Stimmung auf. Wir wurden natürlich viel angeguckt, besonders weil Uta rötlich Haare hat, aber alles freundlich und nett. Im Festzelt hörten wir uns noch "Pedro und die drei Amigos de Amore" an, die die chilenische Version von Truck Stop darstellen und richtig sauberen chilenischen Folk ablieferten. Das Zelt war zwar fast leer, wir aber begeistert. Die Party in den chilenischen Nationalfarben ging für uns zu ende, jedoch nicht ohne noch zwei Highlights der Juegos tradotionales zu entdecken.

Bei Spiel 1 sollte man Dartpfeile auf eine Zahlenwand/Zielscheibe werfen. Gewinnen sollte man , wen man dreimal die 7 traf. Ich deckte auf, dass es auf der Zahlenwand keine 7 gab. Interessierte jedoch keinen - vielleicht ein kleiner kultureller Unterschied!?
Bei Spiel 2 stand in der Mitte eines bunt beleuchteten Kreises ein Schuhkarton. Um den Karton waren kreisförmig Häuschen mit Nummern angebracht. Auf den Häuschen standen Gewinne, wie Cola und Chips, Süssigkeiten, Avengers Puppen und ähnliches. Nach einer lautstarken Mikrofonansage wurde der Karton mit einem Band angelupft und es kam ein Hamster zum Vorschein. Dieser peste öällig verschreckt in ein Häuschen. Nummer 17 war das Ziel seiner Wahl und der Gewinner, der auf die Nummer 17 gewettet hatte, war um eine Tüte Chips reicher. Unglaublich.


Wir waren kaputt und gingen in unser Hostel. Schlafen war schwer, denn bis 6 Uhr morgen hämmerte der Bass der Disco in unser Schlafzimmer und die Stimme des DJ war so lautals würde er auf unserer Bettkante sitzen.


Ein lehrreicher Tag, der uns viel über Südamerika gezeigt hat geht zu ende.


Impressionen aus der Gegend um San Pedro de Atacama


Chile - Feliz 18



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